
"Ver-rückte Rationalitäten: Medientechniken und Protestbewegungen, 1967-1991“
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„Ver-rückte Rationalitäten: Medientechniken und Protestbewegungen, 1967-1991“
Das Teilprojekt „Ver-rückte Rationalitäten: Medientechniken und Protestbewegungen, 1967-1991“ untersucht die Herstellung, Vervielfältigung und Verteilung von Flugblättern, Broschüren, Zeitschriften, Raubdrucken, Büchern, Tonkassetten und Videos von Personenkreisen, die sich im weitesten Sinne den Protestbewegungen und der alternativen Szene der späten 1960er bis frühen 1990er Jahre der alten Bundesrepublik zuordnen lassen, und analysiert die Effekte dieser Medien.
Diese Personenkreise lassen sich entlang der thematischen Achsen Selbst, Psyche und Gender anordnen:
- Selbst: Kommune 1 und die spirituellen Neo-Sannyas (die Anhänger*innen des indischen Gurus Bhagwan)
- Psyche: SPK (Sozialistisches Patientenkollektiv) und Irrenoffensive
- Gender: Frauengesundheitsbewegung/Feministische Spiritualität
Sie alle eint ein therapeutischer Anspruch, der die individuelle Sinnsuche und zum Teil auch die Änderung der politischen Verhältnisse miteinbezog. Die zentrale Frage ist dabei, wie diese medialen Artikulationen aus Sicht der Beteiligten Vernunft stifteten und damit zu einer Verschiebung bzw. Ver-rückung von Rationalität führten bzw. zu einer Priorisierung von Subjektivität und damit zu einer Pluralisierung von Wahrheit und Wirklichkeit.
Dezidiert geht es um die Frage der materiellen Ermöglichung und Stabilisierung dieser Pluralisierung durch die Aneignung neuer Medientechniken:
- erstens die händische Herstellungstechnik wie bei Transparenten und einer Matrizen-Vervielfältigung
- zweitens den manufaktur-ähnlichen Offset-Druck, der in den 1950er Jahren dank preiswerterer Maschinen für viele verfügbar wurde;
- und drittens schließlich die neuen audiovisuellen Aufnahme- und Vervielfältigungstechniken – von der Super-9 Kameras bis hin zur ersten Videotechnik, vom Mehrspur-Tonband bis hin zum Kassettenrekorder, dem neuen Massenmedium in den 1970er Jahren.
Wie wurden in den unterschiedlichen Medienprodukten Ideen und Informationen organisiert und Wissen generiert? Welche Rolle spielte hierbei, ob es sich um Texte und Bilder, die gelesen und betrachtet, Tonaufnahmen, die gehört, oder Videos, die sowohl gesehen und gehört wurden, handelte? Wie, durch wen und womit erfolgte die maschinelle Herstellung und Vervielfältigung der Medienprodukte und wie gestaltete sich ihre Verteilung? Daran anschließend stellt sich die Frage nach den möglichen Effekten der Medien – sowohl auf ihre Produzent*innen als auch auf die Rezipient*innen.
Projektinfos
Teilprojekt von NORMAL#VERRÜCKT. Zeitgeschichte einer erodierenden Differenz
Wissenschaftliche Mitarbeiterin: Dr. med. Susanne Doetz
Förderung: DFG
Laufzeit: 2021 - 2026
Projektleitung: Prof. Dr. Volker Hess
Kontakt

Leitung des Instituts für Geschichte der Medizin und Ethik in der Medizin
